Dienstag, 19. Juni 2012

"Die Shakespeare Schwestern" von Eleanor Brown



Ich habe wieder an einer Leserunde für Lovelybooks.de teilgenommen, weil das Schlagwort „Shakespeare“ bei mir immer Begeisterungsstürme auslöst. Seit mittlerweile 8 Jahren bin ich ganz vernarrt in den berühmtesten aller Barden, fahre regelmäßig in seine Geburtsstadt Stratford-upon-Avon um mir seine Stücke im Original auf der Bühne anzusehen. Da kam mir ein Roman in dem die drei Frauen um die es geht nach Shakespeare-Charakteren benannt sind gerade recht und da ich ohnehin mal wieder einen schönen langen Familienroman lesen wollte war das mein Buch!

Die drei „Shakespeare“-Schwestern um die es geht heißen Bianca (eine Randfigur aus „Othello“), genannt Bean; Cordelia (die jüngste der drei Schwestern aus „King Lear“), genannt Cordy und Rosalind (aus „As you like it“/“Wie es euch gefällt“), genannt Rose. Rose ist mit 33 die Älteste. Sie lebt zu Beginn des Romans als einzige der Drei im amerikanischen Heimatort Barnwell (mit einer Mischung aus Liebe und Hass von den Schwestern „Barney“ genannt) und ist Dozentin für Mathematik. Sie ist diejenige die ihre Eltern am meisten sieht und muss nun eine schwere Entscheidung treffen: soll sie mit ihrem Verlobten Jonathan nach England ziehen, weil dieser eine Stelle in Oxford bekommen hat?
Bean (30) ist die mittlere Tochter, die jahrelang einen Bürojob in New York hatte und nun rausgeworfen wurde, weil sie bei der Firma, bei der sie gearbeitet hat Geld gestohlen hat. Völlig verschuldet und desillusioniert kehrt sie nach Barnwell zurück. Dort flirtet sie zunächst mit dem neuen Pastor und mit ihrem ehemaligen Lehrer…
Auch Cordy kehrt nach Jahren der Rastlosigkeit und des ziellosen Vagabundierens zurück in ihre Heimat. Mit 27 ohne Collegeabschluss will sie kellnern und sich überlegen wie sie das Kind, das in ihrem Bauch heranwächst, großziehen soll.
Sie alle vereint aber überdies noch ein gemeinsames Schicksal: ihre Mutter ist an Brustkrebs erkrankt.
Der Vater, ein Shakespeare-Philologe, hat dem allen vor allem Ratschläge und einen unerschöpflichen Vorrat an Zitaten des Barden entgegenzusetzen.

Das Buch heißt im Original „Weird Sisters“, was die drei Hexen aus Shakespeares „Macbeth“ bezeichnet. Dies ist vom Wortspielcharakter ziemlich passend, denn das englische Wort „weird“ heißt ja merkwürdig, komisch. Sie sind auch irgendwie komisch, diese drei Schwestern, die nicht so recht wissen was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Einzig das Lesen scheint für sie – so wie auch für ihre Eltern – essentiell und der feste Anker in ihrem Leben zu sein. Auf das Lesen, auf die Literatur können sie sich immer verlassen, egal welche Art von Hurrikane sie in ihrer realen Existenz gerade bedroht. Das ist ein tröstlicher und schöner Gedanke: die Literatur rettet einen über alle Krisen hinweg.

Leider muss ich sagen dass die Geschichte sehr viel unnötig Konstruiertes hat, was oftmals gestelzt und unnatürlich wirkt. Zunächst muss man hier die seltsame pluralisierende Erzählsituation eines auktorialen „Schwestern-Erzählers“ erwähnen, der immer aus der „Wir“-Perspektive berichtet, auch wenn es um das Innenleben einer einzelnen Schwester geht. Dies wirkt als seien die Schwestern eine Schicksalsgemeinschaft, die zwar aus Individuen besteht, im Grunde aber ein Wesen ist. Die eingeflochtenen Shakespeare-Zitate, die den Protagonisten zu jeder erdenklichen Situation passend herausrutschen, wirken stellenweise ebenfalls sehr bemüht – außer vielleicht beim Vater selbst – und das obwohl die Frauen als Töchter eines Shakespeare-Forschers ihr ganzes Leben lang von ihnen berieselt wurden. Ansonsten ist die Dreier-Konstellation natürlich typisch und häufig in der Literatur – natürlich auch bei Shakespeare – zu finden. Anfangs tat dieses Bemühte dem Lesespaß – jedenfalls bei mir – kaum Abbruch. Mit der Zeit aber geht einem die pathetische Erzählweise und der belehrende Unterton, der leider auch durch die Shakespeare-Zitate kommt, ein wenig auf die Nerven.
Dann ist auch die Geschichte selbst nicht gerade innovativ: die Schwestern kehren – bis auf eine – an einem schicksalhaften Moment zu ihren Wurzeln zurück und alle drei müssen ihr Leben neu ordnen. Natürlich ist es dabei die Sesshafte, die die Flügel ausstrecken wird und die beiden anderen, die umhergewandert sind, erkennen als zurückgekehrte verlorene Töchter dass sie in der Heimat alles finden was sie immer gesucht haben.
Obwohl der erste Teil sehr retrospektiv und handlungsarm erschien hat mich der Roman gefesselt und mich am „Schicksal“ der Schwestern teilhaben lassen. Leider nahm der Plot im zweiten Teil nur wenig an Fahrt auf. Alle Konflikte die sich im ersten Teil entwickelt haben wurden zwar aufgelöst, ich hätte mir aber ein paar mehr spektakuläre Wendungen und Plot-Verschnörkelungen gewünscht. Stattdessen gab es zum Ende hin einige Längen und Momente, in denen man als hoffender Leser denkt: das kann sich doch jetzt nicht wirklich so „platt“ auflösen. Der Roman selbst ist sicher keine Hochliteratur und dadurch dass ständig der größte Literat aller Zeiten heraufbeschworen wird merkt man leider auch, wie trivial die ganze Geschichte im Gegensatz zu seinen unsterblichen Worten dann doch erscheint.
Dennoch: es ist ein netter (langer) Familienroman, den ich nicht bereut habe zu lesen.

Meine Ausgabe:
Originaltitel: Weird Sisters
Verlag: Insel
Erscheinungsjahr der Ausgabe: 2012
Erstausgabe: 2011
Seiten: 374
ISBN:  3458358358

2 Kommentare:

  1. Ich wollte Dir einen lieben Gruß und ein Kompliment zurück lassen. Du hast einen wunderschönen Blog und Deine Rezensionen sind wirklich einmalig. Habe mich direkt als Leser angemeldet und freue mich sehr Dich hier gefunden zu haben und hoffe noch ganz viel von Dir zu lesen:-) Liebe Grüße und einen wunderschönen Abend für Dich... Deine Nene

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  2. Danke dir, liebe Nene! Ich bin ja noch Blog-Anfängerin und freue mich über so liebe Worte von einer tollen Bloggerin!

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