Dienstag, 27. August 2013

"The White Queen" von Philippa Gregory (= "The Cousins' War" Reihe, Bd. 1)

Seit ich im Theater alle 8 Königsdramen von Shakespeare gesehen habe hat mich eine richtige Begeisterung für das England des 15. Jahrhunderts und die Geschichte der Rosenkriege erfasst. Die Faszination für die Auseinandersetzung der beiden verwandten, von Edward III. (Plantagenet) abstammenden Königshäuser York (White Rose im Wappen) und Lancaster (Red Rose im Wappen) ist bis heute geblieben und ich versuche immer wieder historische Romane oder Sachbücher zu lesen, die sich damit befassen. Philippa Gregory ist mit einer Reihe zu dem aus den beiden Häusern hervorgehendem Hause Tudor ("The Other Boleyn Girl" wurde auch verfilmt) bekannt geworden. Aus dieser Reihe hatte ich nur "The Virgin's Lover" gelesen. 2009 erschien dann mit "The White Queen" das erste Buch, das sich mit dem Vorgängergeschlecht, den Plantegentes, auseinandersetzt, besser gesagt mit der ersten Regentschaft des Hauses York. 
Edward IV errang seine Königswürde auf dem Schlachtfeld, stieß 1461 den "frommen" und schwächlichen König Heinrich VI. vom Thron und begründete damit die relativ kurze, bis 1485 andauernde Herrschaft des Hauses York auf dem englischen Thron, mit dessen Ende auch die Rosenkriege ad acta gelegt wurden.
Wie immer bei Philippa Gregory befasst sich auch "The White Queen" mit einer zentralen Frauenfigur dieser Zeit, nämlich der "weißen Königin" Elizabeth Woodville, die als eine der faszinierendsten Frauen ihrer Zeit verehrt wird. Elizabeth Woodville stammt aus einer zwar adeligen (ihr Vater war ein Earl Rivers, ihre Mutter von burgundischem Adel), dynastisch aber unbedeuteten Familie. Ihr Mann, John Grey, fiel 1461 für den Lancaster-König kämpfend bei der Schlacht von St. Albans. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Edward IV verliebte sich in sie und heiratete sie 1464 heiratete Edward IV heimlich. Er brachte sie an seinen Hof, wo er zehn Kinder mit ihr haben sollte.
Soweit das historische Grundgerüst. Philippa Gregory macht daraus eine perspektisch individuelle Geschichte, sie erzählt die historischen Begebenheiten aus der Sicht von Elizabeth Woodville: die Heirat mit dem König, die unsichere Situation auf dem Thron, die vielen Schlachten, in denen sich Edward IV stellen und um seine Krone kämpfen muss. Wir erfahren etwas über ihre Beziehung zu den historisch verbürgten Mitgliedern des Hofstaats: Edwards Mutter Cecily, seine Brüder George und Richard, die beide mal für und mal gegen Edward kämpfen und natürlich zu Höflingen wie dem Earl of Warwick, dem "Königsmacher".
Das alles bekommt durch die Erzählperspektive eine Dreidimensionalität, die dem Leser das "als wäre man dabei"-Gefühl gibt. Aus den verbürgten Fakten werden Menschen aus Fleisch und Blut, die ganz eigene Charaktere besitzen. Da sind vor allem die Brüder George of Clarence und Richard (der spätere Richard III) zu nennen, die durch die Sicht von Elizabeth plötzlich ganz anders dargestellt werden als was man über sie im Hinterkopf zu haben meint. Und so wird auch nochmal die obligatorische Frage nach dem Tod der beiden Söhne von Elizabeth und Edward gestellt - der Prinzen im Tower, die 1483, dem Jahr der Machtergreifung Richards plötzlich verschwunden, wahrscheinlich auf seinen Befehl hin ermordert worden sind. Wahrscheinlich, denn auch daran gibt es Zweifel, aber die werden wohl nie mehr ganz geklärt werden. Interessant ist dass Gregory eine alternative Theorie einbringt ohne die historische Lesart ganz zu verwerfen. Es bleibt am Ende der Gedanke: hätte es so nicht tatsächlich sein können. Und das ist es, was Geschichte, so festgeschrieben sie auch scheint, immer spannend macht!
Ich fand das Buch hervorragend, auch Elizabeths familiärer Hang zur Magie hat mich nicht gestört! Gut zu wissen dass das dritte Buch der Reihe ("The Lady of the Rivers") von Elizabeths Mutter handelt und eigentlich chronologisch noch von "The White Queen" gelesen werden müsste. Das nächste Buch der Reihe, das ich schon auf Deutsch hier liegen habe, handelt von Margaret Beaufort, der Erbin des Hauses Lancaster, der "roten Königin"...
"The White Queen" wurde gerade von der BBC als Miniserie verfilmt und soll sehr sehenswert sein!

Meine Ausgabe:
Verlag: Pocket Books
Erscheinungsjahr (Erstausgabe): 2009
Seiten: 409 (Außerdem historischer Anhang & Interview mit der Autorin)
ISBN: 978-1-84739-858-1
Deutsche Ausgabe: Die Königin der weißen Rose (rororo 2011)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.